Was für die St.Galler Kantonalbank Normalisierung heisst

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat gestern ihren Zinsentscheid publiziert. Der Leitzins bleibt demnach bei 1.75% und wird entgegen der Erwartungen vieler Ökonomen nicht weiter erhöht. Die St.Galler Kantonalbank (SGKB) schreibt heute in ihrem Newsletter „Tägliche Marktsicht“, die Schweizer Wirtschaft hätte mit einer leichten Zinserhöhung umgehen können und es demnach schade sei, dass die SNB diesen Schritt nicht vollzogen habe.

Eine weitere Zinserhöhung seitens der SNB hätte der Kantonalbank wahrscheinlich die Legitimation gegeben, die Zinsen auf den Krediten an Privatkunden und Firmen weiter zu erhöhen. So wie dies die Banken seit der Zinswende rasch und im grossen Schritten vollzogen haben. Wer einen Blick auf die Kontoverzinsung bei den Banken wirft, hat das Gefühl, dass wir uns nach wie vor in einem historisch tiefen Zinsumfeld befinden würden. Bei der SGKB beispielsweise werden Privatkonten, Depotkonten, Liegenschaftskonten, Vereinskonten und viele mehr nach wie vor mit 0% (!) verzinst. Auf dem Sparkonto liegt der Zinssatz je nach Guthaben zwischen mageren 0.50% und 0.80%.

Deponiert die SGKB und andere Geschäftsbanken bei der SNB Gelder, dann werden diese bis zu einem gewissen Betrag seit Juni 2023 mit 1.75% verzinst. Der Zinssatz auf Guthaben über dieser Limite beläuft sich aktuell auf 1.25%. Während die Banken somit einen doch anständigen Zins von der Nationalbank erhalten, kriegen die Kunden wenig bis gar nichts.

Die SGKB hat im 1. Halbjahr 2023 rekordverdächtige Geschäftszahlen publiziert. Der CEO der SGKB, Christian Schmid, meinte, dass er mit dem Halbjahresergebnis der Bank sehr zufrieden sei. Gleiches können die Kunden mit Blick auf die Verzinsung ihrer Ersparnisse kaum sagen.

Bei der Publikation des Halbjahresergebnisses schrieb die SGKB, dass sich das Zinsgefüge normalisiere. Von einer Normalisierung kann meines Erachtens bei einer aktuellen Kontoverzinsung von 0% kaum die Rede sein. Statt die Verzinsung der Kundengelder künstlich tief zu halten und die Gebühren für Bankendienstleistungen stetig zu erhöhen, wäre es nun höchste Zeit, wirklich etwas für eine „Normalisierung“ zu tun.