Die Auswirkungen der Hitzewelle machen sich scheinbar auch bei Finanzexperten bemerkbar

Die sommerliche Hitze der vergangenen Wochen hat beträchtliche Auswirkungen auf die Umwelt. Wie es scheint machen die hohen Temperaturen auch vor Finanzexperten nicht halt. Anders kann ich mir die Aussage von Matthias Reinhart, Gründer des VZ Vermögenszentrums, nicht erklären. In einem Interview mit der NZZ am Sonntag antwortete er auf die Frage, was das VZ noch von einem herkömmlichen Finanzinstitut wie Banken und Versicherungen unterscheidet: «Unsere Strategien sind grundverschieden. Denn wir verkaufen keine eigenen Produkte. Dadurch ist unsere Beratung völlig frei von Interessenkonflikten.»

Der Satz, dass die Beratung beim VZ Vermögenszentrum völlig frei von Interessenkonflikten sei, tönt zwar marketingtechnisch gut, ist aber unwahr. Bei einem Interessenkonflikt, oder auch Interessenkollision genannt, handelt es sich um einen Konflikt, der durch das Zusammentreffen gegensätzlicher Interessen in einer Person entsteht, die ihren Ursprung im unterschiedlichen Status dieser Person haben. Der Finanzberater beispielsweise hat einerseits die Interessen seiner Kunden zu wahren. Diese wünschen eine kompetente und ehrliche Beratung in ihrem Sinn. Der Arbeitgeber des Finanzberaters wünscht sich hingegen nicht nur zufriedene, sondern auch zahlende Kunden. Der Angestellte muss also verschiedene Interessen zufriedenstellen, die unter Umständen gegensätzlich sind. Wie entscheidet sich der Berater in einer solchen Situation?

Das VZ Vermögenszentrum ist stark in der Finanzplanung tätig. Dabei berät die Firma ihre Kunden unter anderem, was mit dem angesparten Altersguthaben in der Pensionskasse gemacht werden soll. Der Erwerbstätige hat bei der Pensionierung meistens die Wahl, dieses als lebenslängliche Rente, als einmalige Kapitalzahlung oder in einer Mischform dieser beiden Varianten zu beziehen. Empfiehlt der VZ-Berater seinem Kunden das Altersguthaben als Rente zu beziehen, dann ist die Beratung anschliessend vielfach abgeschlossen, da das Kapital bei der Pensionskasse verbleibt. Anders hingegen, wenn ein teilweiser oder vollständiger Kapitalbezug empfohlen wird. Nimmt der angehende Rentner Geld aus der Pensionskasse, dann stellt sich oftmals die Frage, was damit gemacht werden soll. Und hier bietet der VZ unter anderem eine eigene Vermögensverwaltung an. Entscheidet sich der Kunde also für einen (Teil-)Kapitalbezug, dann öffnen sich plötzlich neue Ertragsquellen für die Firma. Dementsprechend ist es falsch, wenn Herr Reinhart sagt, dass bei ihm die Beratung völlig frei von Interessenkonflikten erfolge.

Der Berater weiss genau, dass er schlussendlich an den (Ertrags-)Zahlen gemessen wird. Auf der einen Seite steht der Kunde mit dem Wunsch nach einer fachlichen und ehrlichen Empfehlung und auf der anderen Seite der Arbeitgeber mit dem Interesse, möglichst viel Geld zu verdienen. Ein klassischer Interessenkonflikt also.

Selbst auf der eigenen Webseite macht der VZ Werbung damit, dass sie ohne Interessenkonflikten beraten würden. Ich hoffe, dass die Tage mit den hohen Temperaturen bald vorüber sind. Dann wird sich auch beim VZ vielleicht die nüchterne Erkenntnis durchsetzen, dass sie in puncto Unabhängigkeit etwa gleich neutral sind wie eine UBS oder eine Swiss Life.